Erste Stolperschwelle in Spandau – Zwangsarbeiterinnen sichtbar werden lassen

Anfang März wird in Spandau die erste Stolperschwelle verlegt. Sie soll an das Zwangsarbeitslager in den Gemeinderäumen der Evangelischen Kirchengemeinde Siemensstadt erinnern.

In Berlin gibt es nur ganz wenige Stolperschwellen, in Spandau bisher gar keine. Sie ist ungefähr so lang wie 6-8 Stolpersteine und erinnert nicht konkret an Menschen, sondern an Orte.
Eine Arbeitsgruppe der Evangelischen Kirchengemeinde Siemensstadt hat zu dem Arbeitslager von Siemens in den Räumen der Kirchengemeinde geforscht. An dieses Lager, in dem Frauen aus der damaligen Sowjetunion, Belgien und anderen Ländern waren, soll mit einem Text auf dieser Stolperschwelle erinnert werden.
Die Verlegung findet durch Gunter Demnig statt, die Veranstaltung der Kirchengemeinde dazu ist dann am Montag, den 10.3.2025.

Freitag, 7.3.: Vorbereitung der Verlegestelle durch Azubis des SOS-Kinderdorfes Gatow
Samstag, 8.3.: ca.14.50 Uhr: Verlegung der Stolperschwelle durch Gunter Demnig. Die Zeit kann gut eine halbe Stunde nach vorne oder hinten variieren, da Gunter Demnig ab 9 Uhr Stolpersteine in Berlin verlegt.
Montag, 10 März: 17 Uhr: Einweihung der Stolperschwelle/Veranstaltung durch die Arbeitsgruppe der Kirche an der Stolperschwelle.

Adresse:
Evangelische Kirchengemeinde Siemensstadt
Schuckertdamm 336-340a
13629 Berlin

Die Zwangsarbeiterinnen sichtbar werden lassen
Im Jahr 2006 fand im Vorraum der Christophoruskirche der Ev. Kirchengemeinde Siemensstadt die Ausstellung „Zwischen Zustimmung, Anpassung und Widerstand“ statt. Dargestellt wurde die Geschichte der Gemeinde zwischen den Jahren 1932 und 1948, mithin also einer hoch problematischen Phase. Dokumentiert wurde dabei auch die Unterbringung von Zwangsarbeiterinnen in den Jahren 1940-1945 im Gemeindesaal, die bei der Firma Siemens & Halske zivile Zwangsarbeit leisten mussten. Mit Genehmigung des Gemeindekirchenrats wurde damals im Gemeindesaal ein „Mädchen-Gemeinschaftslager“ für etwa 40 Frauen eingerichtet.
Mehr als 40 Frauen aus Belgien, den Niederlanden, Kroatien, Dänemark und der Sowjetunion (Ukraine) in einem Saal von 240 m2 für fünf Jahre! Mehr als 40 Menschen unterschiedlicher Sprache, Kultur, Mentalität, Seele. Mindestens 20 Doppelstockbetten im Saal, dazwischen Koffer, Kleidung, Schuhe, Erinnerungs-Gegenstände, Öfen, Bügeleisen, Schmutz. Wie haben sich die Frauen verstanden? Wie war es mit Hygiene, Ruhebedürfnis, Konflikten, körperlichen Sehnsüchten? Wie schläft man fünf Jahre lang mit schnarchenden Nachbarinnen? Was haben Heimweh, Erkrankungen, der Wechsel der Mitbewohnerinnen, die Mangelernährung und das Sterben mit ihnen gemacht? Wie haben die Frauen ihr Zwangsarbeiterleben bei der Firma Siemens & Halske empfunden? Was haben sie gedacht und gewollt?
Wir werden es wohl niemals mehr erfahren. Aber wir wollen diese Frauen der Vergessenheit entreißen. Wohl gibt es im Verwaltungsgebäude der Siemens AG an der Nonnendammallee eine Gedenktafel, die an alle Siemens-Zwangsarbeitenden in den Jahren des Zweiten Weltkrieges erinnert. Doch diese ist nicht öffentlich sichtbar.
Wir wollen die Zwangsarbeiterinnen sichtbar werden lassen. Darum hat der Gemeindekirchenrat einstimmig beschlossen, eine STOLPERSCHWELLE für diese Frauen auf dem Gelände der Gemeinde am Schuckertdamm verlegen zu lassen.
STOLPERSCHWELLEN helfen, an Menschen zu erinnern, von denen man kaum mehr Konkretes wird erfahren können – nur noch so viel, dass sie Opfer faschistischer Gewalt waren und in die Ausbeutung gezwungen wurden, oftmals für die deutsche Rüstungsindustrie, durch die ihre Heimatländer zerstört wurden.
Der Künstler Gunter Demnig, der die Stolpersteine in die europäische Erinnerungslandschaft eingebracht hat, stellt auch die STOLPERSCHWELLEN für diese Menschen her. Eine Stolperschwelle anzufertigen, dauert etwa ein Jahr. Sie kostet mindestens 2.000 €.
Um an die Zwangsarbeiterinnen in unserem Gemeindehaus dauerhaft, sichtbar und respektvoll mit einer STOLPERSCHWELLE zu erinnern, erbitten wir herzlich auch Ihre Spende auf das Konto des Fördervereins der Ev. Kirchengemeinde Siemensstadt, IBAN DE77 5206 0410 0003 9070 40, Verwendungszweck „Stolperschwelle“. Dankeschön!
Die „Arbeitsgruppe Stolperschwelle“ der Ev. Kirchengemeinde Siemensstadt