Luftbrücke? Was ist das, werden gerade die Jüngeren fragen. Inzwischen sind es nur noch recht wenige, die eine bewusste Erinnerung an die Zeit der Luftbrücke weitergeben können. Eine Ausstellung „67 Jahre Berliner Luftbrücke“ der Stiftung Luftbrückendank im Klubhaus Spandau soll daran erinnern, dass Berlin über einen Zeitraum von rund zwei Monaten vollständig aus der Luft mit allen wichtigen Gütern versorgt wurde.
Die Sowjetunion hatte alle anderen Zugangswege nach Berlin gesperrt.
Eröffnet wurde die Ausstellung von Bildungsstadtrat Gerhard Hanke, Heinz-Gerd Reese, dem Geschäftsführer der Stiftung Luftbrückendank, OTL Ralf-Gunter Leonhardt dem Leiter des Militärhistorischen Museums Flugplatz Berlin-Gatow, und der Quartiersrätin Heike Liesfeld, die sich dafür eingesetzt hatte, die Ausstellung ins Klubhaus zu bekommen.
Eingerichtet wurde die Stiftung 1959 anlässlich des 10. Jahrestages des Endes von Blockade und Berliner Luftbrücke 1948-49. Sie soll die Verbundenheit Berlins mit den Trägern der Luftbrücke zum Ausdruck bringen. Heute kümmert sie sich verstärkt um die noch lebenden Piloten, die zwischenzeitlich fast vergessen schienen.
Luftbrücke für Berlin
Vor 67 Jahren, genau am 24. Juni 1948, wurden die Verkehrsverbindungen von den westlichen Besatzungszonen nach West-Berlin durch die sowjetische Besatzungsmacht gesperrt. 2,3 Millionen Menschen waren ohne jegliche Versorgung, ohne Strom. Bis zum 12. Mai 1949 erfolgte die Versorgung Berlins ausschließlich aus der Luft. Trotzdem bedeutete die Blockade Berlins keine undurchdringliche Mauer – weder in den Ostteil der Stadt, noch ins Umland.
Bekannt sind sicherlich noch einigen die Worte Ernst Reuters am 9. September 1948 vor dem Reichstagsgebäude:
… Ihr Völker der Welt,
Ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien!
Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass Ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft, nicht preisgeben könnt! …
Auslöser für die Blockade war u. a. die Währungsreform in den Westsektoren – ohne Berlin, die zu einer ebensolchen in der sowjetischen Zone inklusive (!) Berlins führte. Von den westlichen Stadtkommandanten Berlins wurde die neue Währung in Berlin für ungültig erklärt und im Westteil durch eine eigene D-Mark ersetzt.
Während der Blockade wurde Berlin vollständig aus der Luft versorgt. In fast 278.000 Flügen transportierten Flugzeuge der ehemaligen Kriegsgegner Großbritannien und der Vereinigten Staaten von Amerika mehr als 2,3 Millionen Tonnen Fracht. Ein komplettes Kraftwerk (Reuter) wurde auf dem Luftweg nach Berlin geschafft. In nur drei Monaten Bauzeit errichtete man den Flughafen Tegel, mit der damals längsten Landebahn Europas. Wer sich heutige Bauzeiten von Flughäfen anschaut, wird etwas ins Grübeln kommen…
Alle 90 Sekunden landete ein Flugzeug in Berlin. Der damalige Flughafen Gatow und auch die Havel waren wichtige Start- und Landeflächen für die „Rosinenbomber“ der Westalliierten. Etwa die Hälfte der Kohle für Berlin, also rund 270.000 Tonnen, wurde über Gatow eingeflogen.
Bis zu 20 Maschinen sollten im Idealfall pro Stunde in Gatow landen. Selbst auf der Havel landeten Flugzeuge mit Versorgungsgütern. Rund 50 Millionen Liter Benzin, Diesel und Kerosin sollen so nach Gatow gelangt sein. In Tempelhof, dem innerstädtischen Flughafen, erschien das Risiko eines Unfalls viel zu hoch. Über eine unterirdische Leitung flossen die Treibstoffe vom Flugplatz an die Havel, um dort von Tankschiffen nach Berlin transportiert zu werden.
Die sehenswerte Ausstellung im Falkenhagener Feld zeigt nicht nur Plakate und Bilder, die diese Zeit illustrieren. Gerade durch Objekte aus diesen Tagen, wie z.B. die berühmten Care-Pakete, die Schokoladentafeln am Fallschirm oder eben kleine Modelle von Flugzeugen und Schiffen, die anschaulich machen, wie aufwendig die logistische Meisterleistung war.
Heute ist es kaum vorstellbar, dass quasi Stunden nach Beginn der Blockade schon die ersten Flugzeuge flogen. Anfangs gab es kein System, sie flogen, wie es ihnen gerade einfiel. Das Risiko von Zusammenstößen war enorm. Während der gesamten Luftbrücke ließen 31 US-Amerikaner, 39 Briten und 13 Deutsche ihr Leben. Heute dauert es viele quälende Tage, bis überhaupt die Entscheidung zu einer Hilfsleistung für eine humanitäre Katastrophe getroffen wird. Vom endgültigen Start ganz zu schweigen.
Allzu leicht wird die technische und logistische Leistung der Luftbrücke in den Vordergrund gestellt. Dabei wird leicht vergessen, dass es in erster Linie um Menschen ging. Ein sog. Verbrüderungsverbot sollte damals den Umgang des alliierten Militärs mit der deutschen Bevölkerung unterbinden. Der jeweilige Status Kriegsverursacher und Sieger sollte nicht aufgeweicht werden. Amerikanischen Soldaten war es untersagt, sich freundlich gegenüber der deutschen Bevölkerung zu verhalten.
General Eisenhower, 12. September 1944: „Nichtverbrüderung ist die Vermeidung des Zusammentreffens mit Deutschen auf der Grundlage von Freundlichkeit, Vertrautheit oder Intimität – ob individuell oder in Gruppen, im offiziellen und inoffiziellen Umgang. Jedoch verlangt die Nichtverbrüderung kein hartes, unwürdiges oder aggressives Verhalten noch eine anmaßende Überheblichkeit, wie sie die Nazi-Führung auszeichnete.“
Einschneidende Veränderungen im Miteinander brachte die Luftbrücke mit sich. Ehemalige Kriegsgegner setzten ihr Leben aufs Spiel, um das Überleben des eingeschlossenen Berlin zu gewährleisten. Die Rosinenbomber sind ein bis heute im Gedächtnis verhafteter Begriff. Gail Halvorsen, ein amerikanischer Pilot, begann aus eigener Initiative kleine Geschenke an selbst gebastelten Fallschirmen abzuwerfen, andere folgten diesem Beispiel.
Das Klubhaus als neuer Ausstellungsort in Spandau
Das Klubhaus wurde ganz bewusst als Ort der Ausstellung gewählt. Heike Liesfeld, die Quartiersrätin im Falkenhagener Feld hatte sich dafür eingesetzt, die Ausstellung hierher zu holen. Schließlich herrscht hier ein reger Publikumsverkehr. Ganz besonders ist es so natürlich möglich, das Thema an junge Menschen heranzubringe, was anderswo in Spandau kaum machbar wäre.
Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Klubhaus hatten die Ausstellung einen Tag vor Ausstellungsbeginn aus dem Roten Rathaus geholt und anschließend aufgebaut. Kurz zuvor gab es schon eine spannende Ausstellung der Jugendgeschichtswerkstatt über die Aktivitäten der Stasi in Spandau an diesem Ort. Es sieht so aus, als ob sich das Klubhaus im Falkenhagener Feld als Ort spannender Ausstellungen etabliert.
Die Ausstellung läuft bis zum 12. Mai 2015
Öffnungszeiten: täglich 9 bis 20 Uhr
Jugendbegegnungs- u. Bildungsstätte Klubhaus
Leitung: Hakan Budak
Westerwaldstraße 13
13589 Berlin
Telefon:030 3789090
www.klubhaus-spandau.de