Zu einer offenen Diskussion vor der anstehenden Abgeordnetenhauswahl im September luden zum Dienstag dem 23. August Vertreter/innen der Berliner Quartiersmanagement-Beauftragten in Kooperation mit der Stiftung "Leben in Berlin" Experten aus der Berliner Politik in den Schöneberger PallasT ein. Mit Ihnen und dem Publikum sollte über die Zukunft der “Sozialen Stadt” ab 2012 diskutiert werden.
Der Einladung zum Streitgespräch waren Berliner Abgeordnete der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der Linken und der CDU in den gut gefüllten Saal gefolgt. Einzig die FDP, die maßgeblich hinter den Kürzungen des Programms Soziale Stadt steckt, hatte niemanden geschickt. Als Experte kam Prof. Dr. Simon Güntner von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften aus Hamburg dazu. Über die gute Arbeit des QMs sind sich die eingeladenen Gäste schnell einig, doch sie haben auch Verbesserungsvorschläge. Eine Zusammenarbeit der unterschiedlichen Verwaltungsressorts, eine stärkere Vernetzung und den Abbau der Bürokratie wünschen sich alle.
Antje Kapek (Fraktionssprecherin Bündnis 90/Die Grünen) vermisst Planungssicherheit, Kontrollierbarkeit und stärkere Zusammenarbeit mit den BVVen. Ellen Haußdörfer (stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD) fordert mehr Nachhaltigkeit der Projekte und der durch QM geschaffenen Strukturen. Abschliessend erklärte Prof. Simon Güntner, dass es eine gesamtstädtische Perspektive benötige, um Städte sozialer zu gestalten. "Wir brauchen eine Vision, wohin wir wollen."
Der Name “Rettet die Soziale Stadt” klinge so, als wolle man einzig das Förderprogramm retten und nicht das soziale Leben in den Städten, hält er dem AKQ entgegen.
Ulli Lautenschläger sieht das anders. “Was ich gerne retten möchte, sind die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger und der Akteure im Quartier. Sie sollen weiter eine Möglichkeit haben, zusammenzukommen, zu diskutieren und zu entscheiden. Das ist eine Qualität, die es in dieser Stadt sonst nicht gibt.”
Am Schluss scheint die Operation geglückt: Der AKQ hat vier weitere Mitstreiter für die Rettung des Programms Soziale Stadt gefunden. Doch außer klaren zeitlichen Perspektiven braucht es weiterhin viele Bürger, die bei den Projekten mitmachen und sie mitgestalten. Vor allem braucht es auch Bürger, die nach den Wahlen einfordern, was die Politiker an diesem Abend versprochen haben.
Wir dürfen gespannt sein, wie die Politiker in Berlin nach den Wahlen Stellung beziehen. "Denn es geht nicht um die Erhaltung des Programms Soziale Stadt an sich, sondern vielmehr um die Beseitigung der Mißstände".
(Text: Claudia Mattern/ F.Götze) Auch aus dem Publikum kamen zahlreiche Beiträge zur Diskussion und Meinungen. So war ein Redner enttäuscht über die technokratische Herangehensweise einiger Politiker und fragte in die Runde, wo der sozialpolitische Aspekt dabei bleibt.
Eine Quartiersrätin fragte, warum immer die konsumtiven Seiten des Programms in den Vordergrund gestellt werden? Denn maßgeblich erfolgen doch viele Investitionen gerade in Schulen und Kindertagesstätten, wo eigentlich das Bildungsressort dran arbeiten müsste. Der Saal im PallasT war voll besetzt und das Publikum folgte den Ausführungen aufmerksam.
„Bauen allein reicht nicht“ sagt Ulli Lautenschläger vom AKQ in seiner Begrüßungsrede. Simon Güntner lobt zwar den “guten Wurf” des Programms und seine Wirkung, kritisiert jedoch seine aufwändige Umsetzung aufgrund vieler administrativer Hürden. Ebenso fragwürdig seien die prekären Arbeitsverhältnisse, die durch das Programm geschaffen werden, weil klare zeitliche Perspektiven fehlten.
“Das arme Berlin buttert Geld da rein, wo der Bund dafür zu sorgen hätte” schimpft Jutta Matuschek (haushaltspolitische Sprecherin DIE LINKE). Die Bundesmittel für das Programm Soziale Stadt sind bereits im vergangenen Jahr von 95 Mio. Euro auf 28,5 Mio. Euro zusammengestrichen worden. Die Kürzungen für das Jahr 2011 hatte der Berliner Senat ausgeglichen. Zwar hat die Bundesregierung weitere Kürzungen für 2012 geplant, doch Matthias Brauner, baupolitischer Sprecher der Berliner CDU hält dagegen. Er versicherte, dass seine Berliner Parteikollegen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hinter den Kulissen bearbeiteten. Auch sie hielten die Kürzungen und die Einschränkung des Programms auf Baumaßnahmen für falsch. 2012/13 sei es zur Not möglich, die Lücke von Berlin zu schließen. Aber – und das wundert nicht, so kurz vor der Wahl: “Wir arbeiten daran, dass das Problem gar nicht erst entsteht.”